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WW 40


WW 40Warmweiherstraße 40
52066 Aachen

24.08.–21.09.2025
Öffnungszeiten:
Fr..– So. von 14.00–17.00 Uhr

„Johannes Gramm, Martin Parr, Jürgen Sobkowiak“

kuratiert von Dr. Nina Mika-Helfmeier

“Wenn man sagt, daß ein Gegenstand großen Raum in der Seele einnimmt oder dort sogar allen Raum belegt, dann muß man darunter einfach verstehen, daß sein Bild die Schattierung von Tausenden Wahrnehmungen oder Erinnerungen modifiziert hat und daß es sie in diesem Sinne durchdringt, ohne sich jedoch in ihnen sehen zu lassen.”
(Henri Bergson, Zeit und Freiheit, 1889)


Wir begegnen ihnen tagtäglich, unzählige Dinge begleiten uns in unserer Routine: Der Tag startet mit dem Ruf des Weckers, gefolgt von der Lieblingstasse, aus der wir unseren Kaffee genießen. Stift, Locher und Tacker erleichtern den Büroalltag, begleitet von der Zimmerpflanze, die uns die Kollegin vor zwei Jahren zum Geburtstag geschenkt hat … Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Was sie indes zeigt, ist, dass wir den Dingen des Alltags meistens keine gesteigerte Aufmerksamkeit schenken. Ganz im Gegenteil, wir begreifen sie als selbstverständliche Begleiter des Alltags.
Dass sich ein eingehender Blick auf diese mannigfaltigen Objekte lohnt, beweisen die in der Ausstellung versammelten Fotografen, die jeweils ganz neue und eigene Zugänge zur Dingwelt bieten.
Johannes Gramm (*1964), der als Künstler im Ruhrgebiet und im niederländischen Zeeland arbeitet, lässt die Betrachtenden in seiner Serie „Dinge“ auf besondere Weise nicht nur an seinem Alltag, sondern auch an seinem Leben teilhaben. Exakt 302 Gegenstände aus seinem Besitz hat er dafür vor einem neutralen Hintergrund fotografiert und mit kleinen begleitenden Texten versehen, die, vom Schauspieler Stefan Gebelhoff gelesen, per QR-Code von den Besucher_innen abgerufen werden können. Die gesammelten Aufnahmen lassen sich in ihrer Gesamtheit als Einladung verstehen, sich auf den persönlichen Kosmos des Künstlers einzulassen. Weckglas, Keramikschale oder Federball sind darin genauso zu finden wie Schuhspanner, Räucherstäbchen oder Q-Tips. Aufgrund des neutralen Hintergrunds entziehen sich die einzelnen Arbeiten einer Hierarchisierung und lassen keine Zuordnung dahingehend zu, welche Gegenstände für Gramm eine besondere Bedeutung haben. Stattdessen öffnet sich für die Betrachtenden die Möglichkeit, sich selbst mit den abgebildeten Dingen in Beziehung zu setzen. Manche werden Gegenstände wiederentdecken, die sie selbst ihr Eigen nennen, bei anderen werden Erinnerungen an die Kindheit oder geliebte Personen wachgerufen. Die „Dinge“ lassen sich derart als Wegweiser durch die Erinnerungen des Künstlers, aber auch der Betrachtenden begreifen, die beide Erinnerungs- und Erfahrungsräume in Beziehung zueinander setzen.
Dass die Wirkung von Dingen weit über ihre rein physische Präsenz hinausgehen kann, zeigt der in Alsdorf lebende Jürgen Sobkowiak (*1970) mit seiner berührenden Serie „Die Dinge bleiben“. Über zwei Jahre lang hat er sein Elternhaus fotografisch unter die Lupe genommen. Vom Dachboden bis zum Keller schenkte er seine Aufmerksamkeit ganz besonders den entlegenen Winkeln des Hauses, inspizierte zurückgelassene Gegenstände ebenso wie besondere Erinnerungsstücke. Die einzelnen Aufnahmen sind mit dem Titel „Nichtigkeit“ sowie einer fortlaufenden Nummerierung versehen. Der Terminus verweist dabei auf die Paradoxie der Dinge: Was für Betrachter_innen als Nichtigkeit – da alltäglich – angesehen wird, kann für den Künstler eine große Bedeutung haben, weil die gezeigten Gegenstände eng mit seiner Biografie, seinen Erinnerungen und Erfahrungen verknüpft sind. Gleichzeitig lässt sich aber an ebendiesen Dingen auch ablesen, dass sie die Zeit und sogar einzelne Leben überdauern. Sie sind damit ganz besondere Bedeutungsträger, denen wir im Alltag viel häufiger unsere Aufmerksamkeit zukommen lassen sollten.


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