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viti Produzentengalerie


viti Produzenteengalerie
Adalbertsteinweg 102
52070 Aachen

24.08.–21.09.2025
Öffnungszeiten:
Fr. von 16:00 -18:00 Sa. & So. von 12.00–18.00 Uhr

Kontakt

Oli Bolzano, Kathrin Esser, Ulrike Lauber, Karin Odendahl

kuratiert von Dr. Nina Mika-Helfmeier

1826 richtete der Zuckerfabrikant Nicéphore Niépce eine Camera obscura aus dem Fenster seines Arbeitszimmers. Ganze acht Stunden belichtete er den 17 x 21 cm großen Ausschnitt und entwickelte ihn in Lavendelöl. Mit der Aufnahme „Blick aus dem Arbeitszimmer von Le Gras“ sollte er Geschichte schreiben, denn sie gilt als die erste dauerhaft fixierte Fotografie, die bis heute erhalten ist. Zugleich ist sie aber auch die erste Aufnahme, die eine Architektur wiedergibt. Rund 200 Jahre später hat sich dieses Genre der Fotografie in vielfacher Hinsicht weiterentwickelt und ausdifferenziert. Mit Blick auf die in der Ausstellung versammelten Positionen zeigt sich, dass einige ihr inhärenten Fragen wohl nie an Aktualität verlieren werden: Welche Räume erzeugen die Kombinationen von Linien und Flächen? Wie lassen sich Texturen durch eine Fotografie erspüren? Können spezifische Stimmung von Räumen mithilfe der Fotografie wiedergegeben werden?
Zu magischen Orten reisen wir mit Karin Odendahl (*1966). In Armenien hat sie Klöster und Kirchen besucht. Die „Magie der Stille“, die diesen Orten innewohnt, ist in den Schwarz-Weiß-Aufnahmen zum Greifen nah. Im spannungsvollen Spiel der Kontraste treten die Besonderheiten der Architektur zu Tage. Durch Kuppeln und Rundbögen dringt das Sonnenlicht in die Jahrhunderte alten Bauwerke und lässt an den dicken Mauern die Schatten tanzen. Den betagten Gemäuern steht als Konterpart der 1982 eingeweihte eiserne Brunnen im armenischen Gjumri entgegen. Ebenfalls in Schwarz-Weiß lässt Odendahl den futuristischen Brunnen durch das Spiel mit Schärfe und Unschärfe lebendig werden und zeigt, wie architektonische Flächen mithilfe der Fotografie an Dynamik gewinnen können.
Den Besonderheiten von Formen und Linien widmet sich Ulrike Lauber (*1955), wenngleich sich in ihren Arbeiten die architektonischen Formen nahezu aufzulösen scheinen. Ihre in New York entstandenen Arbeiten zeichnen leuchtende Farben und starke Kontraste aus. Durch die ungewöhnlichen Perspektiven werden Stühle oder Hausfassaden zu malerischen Flächen, die abstrakten Kompositionen gleichen. Lauber vermag es jedoch, mit ihrer Kamera nicht nur Flächen zu „zeichnen“ – auch dem Licht verhilft sie dazu, zur Linie zu werden. In den in Venedig entstandenen Aufnahmen ist die ursprüngliche Architektur kaum noch erkennbar. Stattdessen erzeugen die von der Kamera eingefangenen Lichtquellen gänzlich neue Gebilde, die eine ganz eigenständige räumliche Qualität erhalten.
Kathrin Esser (*1990) befragt in ihrer Serie „Ordnung im System“ die Innenräume von öffentlichen Einrichtungen, wie wir sie aus unserem Alltag kennen. Schulen, Verwaltungsgebäude oder Polizeiwachen sind oft durch ein funktionales Erscheinungsbild geprägt. Ihnen allen ist ein spezifischer Charakter eigen, der oftmals wenig einladend wirkt – weder für die Nutzenden noch für die Besuchenden dieser Einrichtungen. Die nüchtern gehaltenen Fotografien beleuchten die Wechselwirkungen zwischen gesellschaftlichen Normen und den Bauaufgaben ebenjener öffentlichen Gebäude. Wenngleich beispielsweise an Schulen stets neue Nutzungsanforderungen herangetragen werden, ist es faszinierend zu beobachten, dass die Innenarchitektur auf diese Bedürfnisse nur sehr verzögert reagiert. Es bleibt die spannende Frage, welche gesellschaftlichen Werte durch derartige Innenräume transportiert werden und wie diese unsichtbaren Codes von den Betrachtenden entschlüsselt werden können.
Auch Oli Bolzano widmet sich öffentlichen Gebäuden – mit dem Unterschied, dass diese bereits verlassen sind. An ganz unterschiedlichen Orten hält er sogenannte Lost Places mit der Kamera fest. Was bleibt von ebenjenen Stimmungen, die einem Raum innewohnen, wenn er keine Aufgabe mehr zu erfüllen hat? Welchen Einfluss hat der bauliche Verfall auf unsere Wahrnehmung von Orten? Die nüchternen Aufnahmen wirken dystopisch. Durch ihre kompositorische Strenge wohnt ihnen aber auch eine Schönheit inne, die uns ganz grundsätzlich über architektonische Räume nachdenken lässt.
Spätestens am Ende des Ausstellungsrundgangs ist man keinesfalls mehr verwundert, warum eine der ersten fotografischen Aufnahmen eine Architekturansicht präsentierte …


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