Foto: Stefan Mildenberger
Fulminanter Auftakt des Ausstellungsjahres 2024
Ausstellung „Wieder-Entdeckt“ begeistert mit bisher unbekannten Fotograf_innen
Am Sonntag war im Bürgersaal des Auklosters um kurz nach zwölf Uhr kein Sitzplatz mehr zu ergattern. Über vierhundert Menschen besuchten die neue Präsentation des Fotografie-Forums am Eröffnungstag. „Wieder-Entdeckt“ ist die erste von vier hochkarätigen Ausstellungen des Hauses im Jahr 2024. Im Mittelpunkt stehen vier Künstler_innen, die die Bandbreite und Vielfalt der Fotografie der 1930er Jahre aufzeigen.
In seinem Grußwort betonte Städteregionsrat Dr. Tim Grüttemeier, wie sehr er sich über die bevorstehenden Ausstellungen freue, die exzellente Fotokunst in die StädteRegion bringen. Ebenso dankte er den Leihgebenden sowie dem Team des Fotografie-Forums für ihren unermüdlichen Einsatz.
Frau Dr. Nina Mika-Helfmeier stellte im folgenden Lichtbildvortrag die Künstler_innen vor. Sie berichtete auch von der Genese der Ausstellung: „Die 1930er Jahre sind so bedeutend für die Fotografie, wie kaum ein anderes Jahrzehnt. Welche bahnbrechenden Schulen und Entwicklungen dort ihren Anfang nahmen, möchten wir in der Ausstellung zeigen“, so die Kuratorin und Leiterin des Fotografie-Forums.
Die Ausstellung vereint vier unterschiedliche künstlerische Positionen, die ihren ganz eigenen Umgang mit dem Medium der Fotografie fanden. Walker Evans ist der bekannteste unter ihnen und hielt das Leben der verarmten Farmer und Pächter in den USA fest. Für ihn war es wichtig das Gesehene möglichst objektiv in der Fotografie wiederzugeben. Auf eine besondere Dramatik der Komposition oder Bildausschnitte sollte nach Möglichkeit verzichtet werden. Während seinen Reportagen begriff er sich darum als außenstehender Journalist, der eine gewisse Distanz zu den Porträtierten wahrte.
Ganz anders verstand sich die österreichisch-britische Exilfotografin Edith Tudor-Hart. Sie solidarisierte sich offenkundig mit dem sogenannten Lumpenproletariat und hielt auf beeindruckende Art und Weise das Leben der Arbeiter_innen in Wien, London und Newcastle fest. Mit besonderer Härte zeigt sie die beengten Wohnverhältnisse oder finanziellen Nöte, denen viele Menschen in den Zwischenkriegsjahren ausgesetzt waren. Die Dokumentarfotografie spielte in der englischen Bildkultur der 1930er Jahre nur eine untergeordnete Rolle. Tudor-Hart ist es zu verdanken, dass diese Einstellung sich geändert hat. Ihre Fotokunst machte auf soziale Missstände aufmerksam: Die Fotografie wurde somit zum gesellschaftspolitischen Medium.
Die Fotografien von Fide Struck widmen sich ebenso den Arbeiter_innen dieser Zeit. In Dokumentationen hielt er die Abläufe in Produktionshallen, beim Fischfang, aber ebenso an der Hamburger Börse fest. Unglaublich erscheint es, dass viele der Fotografien über 70 Jahre als Negative in einem Holzkoffer schlummerten. Zu Beginn der 1940er Jahre wurde dieser von dem Fotografen gepackt und reiste daraufhin durch weite Teile der Bundesrepublik. Erst 2015 öffnete ihn Fides Sohn Thomas und barg mit einem befreundeten Fotografen diesen reichen Schatz an Zeitzeugnissen und erstklassigen Bildern. Einige von ihnen sind nun erstmals in Monschau zu sehen.
An den Fotografien Anton Stankowskis lassen sich die Anfänge der Werbefotografie entdecken. Der gefeierte Künstler und Grafiker ist vielen durch seine Logoentwürfe, z. B. für die Deutsche Bank, ein Begriff. Sein unvergleichlicher Stil war geprägt von der konstruktiven Kunst und den Leitlinien des „Neuen Sehens“. Derart erzählen seine Fotografien stets von der Suche nach Formen und bieten ganz neue Blickwinkel auf vermeintlich langweilige Alltagsgegenstände wie Schuhcreme oder Wassergläser.
Die Ausstellung ist noch bis zum 7. April 2024 zu sehen – wir freuen uns auf Ihren Besuch!
Fotos: Schwarzweiß von Stefan Mildenberger, Farbe von Meike Eiberger.