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Katharina John Venedig Bruna Stefani 2011 head

La Bambola

2011 nahm Katharina John das beeindruckende Porträt der Venezianerin Bruna Stefani auf. Die Porträtierte wendet das von Falten gezeichnete Gesicht lachend von der Fotografin ab. Was Katharina John in dieser Fotografie einfing, beschreibt Ulrich Tukur poetisch in seinen „Venezianischen Geschichten“: „… Ihr Gesicht war eine Landschaft, die sich im Laufe eines langen, entbehrungsreichen Lebens herausgebildet hatte; Es gab Berge, ja regelrechte Gebirgszüge, zwischen denen sich Täler dahinzogen, tiefe und weniger tiefe, langgestreckte, die sich zu Ebenen weiteten, wiederum anstiegen, um hinabzufallen zu zwei Seen, dunkel schimmernd oder hell strahlend, je nachdem, welches Wetter herrschte und wie das Licht sie traf…“ Die Venezianerin (im Buch „Rosa“ genannt) lebte mit ihrem Mann Nino und ihren acht Kindern in einer kleinen Wohnung und musste, nachdem ihr Mann 1944 seine Arbeit als Kohlenschiffer verloren hatte, die Familie fortan alleine ernähren.

 

Katharina John Venedig Bruna Stefani 2011Sie fand eine Anstellung als Reinigungskraft im „Fenice“ Theater, das einmal eine der schönsten und bedeutendsten Opernbühnen Europas gewesen war. „Frühmorgens, nachdem sie ihre Familie versorgt hatte, bestieg Rosa das Boot, das sie über den Kanal trug, und sie putzte Logen, Zuschauerraum und Bühne, bis die abendliche Vorstellung begann, die sie schweigend hinter den Kulissen verbrachte, um nach ihrem Ende noch einmal aufzuräumen und zu reinigen, was sie den Tag bereits in Ordnung gebracht hatte. […] Gegen neun Uhr abends fuhr sie todmüde nach Hause, kochte für Nino und die Kinder und legte sich ins Bett. Ippolita, die Älteste, legte ihr Pino an die Brust und noch während sie das Kind säugte, schlief sie vor Erschöpfung ein…“ Als sie Katharina John und Ulrich Tukur begegnet, ist Bruna schon eine alte Dame, die davon erzählt, dass sie ihren Mann und ihre jüngeren Schwestern überlebte und ihre älteste Tochter mit 78 Jahren bereits Urgroßmutter ist. 2021 starb sie im Alter von 94 Jahren.

Wie es zu dieser Begegnung zwischen dem Künstlerpaar und Bruna Stefani kam, warum diese Kurzgeschichte „La Bambola“ also „Die Puppe“ heißt, und wie der Weihnachtsabend, an dem das Paar Bruna/ Rosa besuchte eine völlig unerwartete Wendung nahm, können Sie in Ulrich Tukurs Büchlein „Die Seerose im Speisesaal, Venezianische Geschichten“ (Fischer Verlag 2021) nachlesen.

Das Buch ist bei uns am Empfang für 12 € und natürlich im Buchhandel erhältlich.

Quelle: La Bambola in: Die Seerose im Speisesaal, venezianische Geschichten, 2021 (Texte Ulrich Tukur und Fotografien von Katharina John), S. 55–77.

Foto: Bruna Stefani, 2011 © Katharina John

 


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