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Die „Riess“ in Paris

 
riess ruth landshoff berlin 1928 k

1936 Umzug nach Paris. Eine Krankheit, die über die Jahre zu Lähmungen mit erheblicher Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit führt, bestimmt zunehmend ihre Lebensumstände.
Am 14. Juni 1940 erfolgt der Einmarsch der deutschen Truppen in Paris. Im Haus in der Rue Rayounard, in dem Frieda Riess wohnt, sind deutsche Soldaten einquartiert; an der Wand im Wohnzimmer hängt weiterhin das Porträt von Mussolini.
Ihren ersten Besuch bei der Riess in der Pariser Zeit beschreibt Thea Sternheim* so: „Bei Frau Riess, die von Gide auf mein Vorhandensein aufmerksam gemacht wurde, zum Tee eingeladen. Ich finde sie in einem auf den Tuileriengarten gehenden Zimmerchen des Hotel Continental, die Wände mit Portraitaufnahmen allerlei prominenter Leute behangen. Ein riesiges Mussolini-Portrait mit Widmung erstaunt mich durch den bisher an diesem Mann nie wahrgenommenen negroiden Einschlag, der unbändig, vorstoßend ist, aber in nichts an die indezente muffige Kleinbürgerlichkeit des Oberbonzen in Deutschland erinnert. Immerhin würde es mir nicht angenehm, ja nicht einmal möglich sein, im Schatten dieser herausfordernden Physiognomie zu leben. Sonst ist die Riess unorientiert, irgendwie weltfern, ohne Ahnung von dem, was sich während ihrer Abwesenheit in Deutschland abspielte.“
Im Juni 1942 stirbt Riess' Lebensgefährte Pierre de Margerie 81-jährig; damit verliert Frieda Riess ihren langjährigen Begleiter, vor allem aber den Schutz vor Verfolgung als Jüdin. In Paris werden Juden jetzt systematisch verfolgt und deportiert. Man darf annehmen, dass sich Frieda Riess ihrer Situation als Jüdin erst jetzt in ihrem ganzen Ausmaß bewusst wird. Ihr Gesundheitszustand verschlechtert sich zunehmend und ihre psychische Verfassung ist labil. In den folgenden Jahren kommt es zu wiederholten Krankenhausaufenthalten in verschiedenen Kliniken.
Zur Unterstützung der von Hunger gezeichneten Frieda Riess vermittelt Thea Sternheim 1945 den Kontakt zum Hilfskomitee für die Deportierten.
Über die letzten Jahre wissen wir nichts. Bis 1953 ist Frieda Riess im Pariser Adressbuch verzeichnet: 87, Quai d’Orsay. In der Mairie des 7. Arrondissements findet sich keine Sterbeurkunde. Wir müssen deshalb annehmen, dass Frieda Riess nicht in ihrer Wohnung starb, sondern in einer Klinik eines anderen Arrondissements, vermutlich Mitte der fünfziger Jahre. Erst im April 1957 erfuhr Thea Sternheim davon.

*Thea Sternheim (1883-1971) war deutsche Romanautorin und Verfasserin von Essays.

 

Foto: Frieda Riess, Ruth Landshoff, 1928


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