Inge Morath hat aus Menschen und ihren Orten Poesie gemacht
„Inge Morath hat aus Menschen und ihren Orten Poesie gemacht“, diesen Satz sagte der amerikanische Schriftsteller Arthur Miller über das Lebenswerk seiner Ehefrau Inge Morath nach ihrem Tod Anfang 2002. Am 27. Mai 2023 wäre Inge Morath 100 Jahre alt geworden. Sie war eine der ersten Fotografinnen, die für die Fotoagentur Magnum arbeiteten. Hier hatte Morath den Blick für das Besondere von Henri Cartier-Bresson und Robert Capa gelernt. Regelmäßig veröffentlichte sie ihre Bildreportagen in internationalen Magazinen und Fotobüchern, für die sie ein halbes Jahrhundert lang die Welt bereiste.
Die von Nina Mika-Helfmeier im Fotografie-Forum in Monschau kuratierte Ausstellung widmet sich in großen Teilen den Arbeiten, die diese sprachbegabte Ausnahmefotografin auf ihren Reisen zwischen 1944-1998 machte. Die Vielfalt der Landschaften und der Menschen faszinierte sie nachhaltig. Inge Morath lernte acht Sprachen, um die Menschen auf ihren Reisen nicht bloß mit der Kamera einzufangen: Inge Morath wollte ihnen begegnen.
„Ein Auge auf das Motiv gerichtet, eines auf die eigene Seele“, so beschreibt die Österreicherin ihre fotografische Philosophie. Zugleich präsentiert die Ausstellung Inge Morath aber auch als einfühlsame Porträtfotografin, die sowohl bekannte Persönlichkeiten als auch ihr völlig unbekannte Menschen so zeigte, wie sie sie sah. Gezeigt werden in der umfangreichen Ausstellung nicht nur Ikonen wie Linda, das Lama auf den Straßen New Yorks, Marilyn Monroe, die am Rande des Filmsets müde und zerbrechlich wirkt oder Mrs. Eveleigh Nash, eine Dame der Londoner Gesellschaft. Auch zahlreiche Porträts von Schriftstellern, Malern und Schauspielern sind zu sehen. Dazu Straßenszenen aus Wien, New York, London, Paris und Venedig, Landschaftsfotografie aus Europa, Asien und den Nahen Osten.
Das Interesse an surrealen Situationen teilte sie mit ihren Lehrer und Kollegen Cartier-Bresson. Dies gilt auch für die Grundhaltung eines Fotografen, wonach dieser seine Aufnahmen mit einem weit offenen Auge macht, das die Welt durch den Sucher beobachtet, während das andere geschlossen ist und in die eigene Seele blickt.
Fotos: Sophie Kratzke